Artikel
von Gert Hellmann, Südthüringer Zeitung vom 27.08.2002
Nicht immer
nehmen Weltklassesportler Einladungen wahr. Vor allem wenn sie von kleinen, eher
unbedeutenden Vereinen ausgesprochen werden. Nicht selten bekommen die
Antragsteller Absagen per Fax von den Marketingagenturen oder Managements der
Top-Athleten. Einfach weil der Zeitfond der Spitzensportler nicht ausreicht, um
sich auf Foren, Vereinsabenden oder Talkrunden den Menschen zu präsentieren.
Das ist verständlich, denn das tägliche Training hat ebenso Vorrang wie die Wünsche
der Sponsoren. Trotz dieser Sachzwänge geben sich die Cracks gegenüber dem
„Sport-Fußvolk“ recht unterschiedlich.
Einer der kaum eine Einladung ausschlägt ist Sven Fischer, obwohl gerade der
Ausnahme-Biathlet berühmt ist für seinen zeitraubenden Trainingsfleiß.
Mitunter verbindet er solche Termine mit einer Trainingseinheit. Von einigen
Wochen fuhr Fischer mit dem Rennrad nach Vacha zum Schützenfest. Die
Festzeltbesucher dankten ihm sein Kommen mit höchster Aufmerksamkeit und einem
sehr schönen Geschenk. Am vergangenen Samstag beglückte der Schmalkalder die Gäste
der Breitunger Volksolympiade mit seiner Präsenz. Der zweifache Olympiasieger
und fünffache Weltmeister erfüllte alle Autogrammwünsche, ehrte Kinder und
Erwachsene für die Erfolge bei der Volksolympiade, nahm geduldig Verzögerungen
im Programmablauf in Kauf, stellte sich den Leuten im Smalltalk und überreichte
den Veranstaltern noch eine von ihm signierte Sportjacke im Wert von 250 Euro für
eine Versteigerung. Der Erlös soll über das Deutsche Rote Kreuz den Opfern der
Hochwasserkatastrophe zugeführt werden. Auf Honorar verzichtet der Star.
All das ist nicht selbstverständlich in der Liga, in der Sven Fischer spielt: während
der Tour de France wurde der Thüringer als Gast des Unternehmens Telekom mit
einem Privatjet nach Avignon geflogen, wurde dort mit Promis wie Bayern-Manager
Uli Hoeneß und Karl-Heinz Rummenigge im Fünfsterne-Hotel fürstlich betreut
und hat das auch sichtlich genossen.
Solche Auftritte in der High
Society gehören zum Leben von sportlichen Hochkarätern, wie Sven Fischer einer
ist. Nicht wenige der ganz Großen nehmen nur noch solche Termine wahr. Es
spricht für den ruhigen und besonnenen Sportler aus unserer Heimatregion, daß
er nicht zu denen gehört. Trotz seines schon fast ein Jahrzehnt andauernden
sportlichen Höhenflug ist Sven Fischer immer bodenständig geblieben.
©
Südthüringer Zeitung
|