Interview mit
Sven nach der zweiten Staffel der Saison 2002/2003 in Östersund am 12. Dezember
2002 bei Eurosport (leicht
redigierte Fassung)
Eurosport:
Die Staffel ist ja etwas schwierig gelaufen. Peter Sendel hatte leider keinen so
guten Tag erwischt. Wie schwierig war es denn noch von Platz 17 auf Platz 5 nach
vorne zu laufen?
Sven: Die Staffel besteht immer aus vier Leuten. Und auch wenn einer mal
einen Hänger hat ist es immer wichtig, daß jeder sein bestes
gibt - auch wenn es mal nicht so läuft. Leider war das heute bei Peter so. Er auch mal
einen Fehler geschossen, was jedem schon mal passiert ist. Ich bin
dann als zweiter Läufer eben mit einem größeren Rückstand ins Rennen
gegangen, aber man läuft sowieso sein Rennen, auch in der Staffel. Man geht
dann nicht resigniert ins Rennen oder mit Brass, sondern ich bin reingegangen
und hab gedacht: "Jetzt gibst Du Dein bestes, am Schluß sieht man dann, was dabei
rauskommt." Wenn
man dann ohnehin schon weit hinten liegt, schießt man dann einen schnelleren
Rhythmus und geht mehr Risiko ein, weil man ohnehin nichts mehr zu verlieren hat
oder sagt man sich, ich hak das mal unter dem Trainingsaskpekt ab?
Sven: Ich hab nicht zuviel riskiert und es auch nicht mit Gewalt versucht oder
es nur als Trainingsrennen gesehen, sondern wirklich als meinen
Wettkampf und das Ziel war wirklich eine gute Leistung zu bringen. Ich denke, nur
für den letzten Läufer beim letzten Schießen ist ein hohes Risiko angebracht,
aber nicht bei mir als zweitem Läufer, nachdem ja nochmal zwei Mann laufen -
das wäre zu früh. Es ging mir darum ein gutes Rennen abzuliefern und den
Trainingszustand mal zu zeigen. Die
Norweger beispielsweise mußten 16 mal nachladen, sind aber trotzdem noch auf
den zweiten Platz nach vorne gelaufen. Was macht denn die Norweger läuferisch
so stark?
Sven: Also erstens mal laden sie sehr schnell nach, das geht ruckzuck und
ohne die Schüsse danach lange aufzubauen. Wenn ich da an Frode Andresen denke,
der zögert da nicht lange, sondern haut die Dinger einfach raus. Er hat eben
auch den Vorteil, daß er läuferisch so stark ist und mittlerweise haben auch
seine Mannschaftskameraden nachgezogen. Nicht nur Ole rennt auch so richtig
schnell, sondern auch Egil Gjelland und - was für mich auch verblüffend war -
Halvard Hanevold, wie stark der auf der letzten Runde gelaufen ist. Wenn man
natürlich so gut läuft, dann kann man sich auch im Schießen mal was erlauben. Sehr
verblüfft haben auch die Schweden um Björn Ferry, die auch noch in den Top 10
gelandet sind. Das ist eine sehr junge Staffel.
Sven: Ja, darüber haben wir uns auch in der Mannschaft schon unterhalten.
Als ich in der Saison 1992/1993 in den Weltcup gekommen bin, da waren die
Schweden immer eine Bank, z. B. mit Mikael Löfgren, der damals auch den Weltcup
gewonnen hat. Traditionell gesehen war Schweden immer mit dabei. Jetzt hatten
sie einige Jahre mal einen Hänger, aber ich freue mich, daß sie nun auch
wieder den Anschluß an die Weltspitze finden und damit eine weitere
skandinavische Mannschaft mit dabei ist. Als Biathlonfan freue ich mich, daß
Schweden wieder kommt und als Konkurrent habe ich Respekt und Achtung davor,
daß sie sich wieder so zusammengerauft haben. Jetzt
ist die deutsche Staffel ja schon ziemlich lange zusammen. Man kennt sich sehr
gut, man versteht sich blind. Uwe Müßiggang hat die Damenstaffel inzwischen
bis auf eine Position zweimal komplett umgebaut. Wird das bei Euch auch der
Fall sein?
Sven: Ich bin wie gesagt seit 1992/1993 dabei. Damals gab es die günstige
Situation, daß von der IBU eine zweite Staffel zugelassen wurde, was meiner
Meinung nach keine schlechte Entscheidung war, denn so hatte die "zweite
Reihe" eines Topteams auch noch die Möglichkeit sich mal in einer Staffel
zu zeigen. So bin ich damals als Neuling auch in den Genuß gekommen, Staffel zu
laufen und dann tut man sich später auch leichter in der "ersten
Staffel". Dadurch daß inzwischen nur noch eine Staffel von der
IBU geduldet wird, ist es schwerer geworden. Wir haben in den letzten Jahren
auch hier und da mal getauscht, haben auch nicht immer unbedingt die besten der
Mannschaft eingesetzt und das wird wohl auch in der Zukunft so bleiben. Daniel
Mesotitsch aus Österreich hat uns verraten, daß sein Technikerteam ziemliche
Probleme hat das richtige Wachs zu finden. Ist das beim deutschen Team ähnlich
oder kommt Ihr mit den Bedingungen gut zurecht?
Sven: Also dieses Problem hat jede Mannschaft. Deshalb hat man ja auch so einen
großen Stab an Technikern. Es ist ja nicht so, daß man in einer Tabelle
nachschaut und dann sagt: "Das läuft", sondern da ist viel an Testerei und
Erfahrung nötig, daß man sagen kann: "Das oder das könnte gehen", und das
probiert man dann. Wirkliche Gewissheit hat man erst im Ziel. Oft ist es so,
daß man dann sagt: "Heute war's gut" oder "Das hätte besser
gehen können", aber ich finde wir liegen mit unserem Team eigentlich ganz
gut. Ich finde es z.B. wichtig, daß die Teams von Biathlon, Langlauf und
Nordischer Kombination untereinander Kontakt halten und sich gegeseitig
unterstützen. Das war auch eines der Erfolgsrezepte von Salt Lake City und das
sollte so bleiben, auch wenn wir jetzt natürlich an unterschiedlichen Weltcuporten
sind. Die
Events hier in Östersund erinnern so ein bißchen an das lange Verweilen in
Antholz vor zwei Jahren.
Sven: Störend würde ich das gar nicht nennen. Man muß sich eben damit
auseinandersetzten, daß es jetzt so ist. Man kann sogar einen Vorteil darin
sehen: die Reiserei vom ersten zum zweiten Weltcuport ist uns erspart geblieben,
das ist ein Vorteil. Außerdem hat das Wetter sehr gewechselt. Mal war es sehr
kalt, mal nur um die 0°C, d. h. man hatte auch ständig was am Material zu
testen, im Gegensatz zu Antholz, wo immer wieder die gleichen Bedingungen waren.
Bei diesen Bedingungen hatten wir damals nichts gefunden und deshalb war es
damals für uns eine ziemlich negativ angehauchte Angelegenheit. |