Ein - persönlicher - Rückblick auf die Saison 2004/2005

 

Die Saison im Telegrammstil

3 WM-Medaillen
... und viele Tage im gelben und roten Trikot

5 Weltcupsiege
14 Treppchenplätze
2. Platz im Gesamtweltcup
1. Platz Verfolgungsweltcup
Trefferquote: 

91 % liegend, 87% stehend

7 Rennen ohne Schießfehler
Das Ende war bitter, doch insgesamt lief die Saison sehr gut für Sven. Nach zwei etwas schwächeren Jahren (alles ist relativ: ein 9. und ein 10. Platz im Gesamtweltcup sind nun wirklich nicht schlecht!) ist er nun wieder auf dem Level früherer Jahre.

Auffallend die Konstanz die Saison über: fünf Weltcupsiege, buchstäblich verteilt über die gesamte Saison von Beitostølen bis Khanty Mansiysk. In jedem Rennen sammelte er Punkte, er schoß so gut wie nie zuvor (Trefferquote: 91 % liegend, 87 % stehend) und konnte zeitweise auch läuferisch durchaus mit den stärksten Norwegern mithalten.

Die Saisongestaltung sah diesmal ein bißchen anders aus als die vergangenen Jahre. Die Wettkämpfe im Dezember fanden komplett in Skandinavien statt. 

1. Weltcup in Beitostølen: fulminanter Start in die Saison mit dem 4. Platz im Sprint. Gleich im zweiten Rennen der Saison (dem Verfolger) der erste Weltcupsieg. 

2. Weltcup: Holmenkollen. Drei Rennen - zwei Siege. Die Bedingungen waren nicht ideal, es war relativ warm und die Piste weich, doch Sven war in seiner "Zweitheimat" in Hochform. Besonders glücklich war er über seinen Sieg im Einzelrennen, das er ohne Fehler beendete. Nach dem 10. Platz im Sprint und über einer Minute Vorsprung von Ole Einar Bjørndalen glaubte im Verfolger kaum einer an einen möglichen Sieg von Sven. Doch Bjørndalen verschoß seinen Riesenvorsprung und Raphaël Poirée konnte läuferisch nicht mithalten. Die Konkurrenz war beeindruckt. "He's on fire, man!", sagte mir einer.

3. Weltcup in Östersund. Hier lief es im ersten Rennen, aus Gründen, auf die ich hier nicht näher eingehen kann, nicht so gut. Ein 23. Platz im Sprint, den anschließenden Verfolgungswettkampf beendete Sven als 13. Doch im Massenstart war er wieder zurück und belegte den vierten Platz. Ole Einar Bjørndalen nimmt an diesem WC nicht teil.

Die Zeit zwischen dem letzten Weltcup im Dezember und dem Heimweltcup in Oberhof Anfang Januar nutzte Sven zum Trainieren. Das Biathlon-Spektakel auf Schalke ließ er wie jedes Jahr aus. Auch wenn es ihm von Manchem übel genommen wurde, konsequentes Training ist ihm in diesen zwei wettkampffreien Wochen wichtig. Auf Schalke gibt es viel Geld zu verdienen, doch Sven sagte der Südthüringer Zeitung in einem Interview: "Geld zieht bei mir nicht. Ich habe andere Ziele." 

 

4. Weltcup in Oberhof. Das Training über die Weihnachtstage zahlte sich aus, auch wenn das  Staffelrennen überhaupt nicht nach Svens Geschmack (2 Strafrunden beim Stehendanschlag) lief. Es wurde aber immer noch ein 2. Platz für Deutschland. Die Überraschungssieger waren die Schweden, die Norweger wurden wegen eines Fehlers von Lars Berger disqualifiziert. Sven fand nach der unglücklich verlaufenen Staffel  schnell wieder zu seiner Topform zurück. Er gewann mit dem Sprint sein zweites Einzelrennen vor heimischer Kulisse, noch vor dem fehlerlos gebliebenen Frode Andresen. Auch im Verfolgungsrennen sicherte er sich einen Treppchenplatz. Er wurde Zweiter und Alexander Wolf überraschend Dritter.
Geteilte Freude ist doppelte Freude!
 

5. Weltcup in Ruhpolding. Die deutsche Staffel wurde zum dritten Mal in dieser Saison Zweite. Die Einzelrennen (Sprint und Verfolger) beendete Sven als 13. und als Zweiter. Ricco Groß errang den einzigen Treppchenplatz in einem Weltcuprennen in dieser Saison, er wurde Dritter in der Verfolgung.

6. Weltcup in Antholz. Sven versuchte auch dieses Jahr seinen bekannten Problemen mit der kurzfristigen Höhenanpassung auszuweichen und wohnte deshalb nicht im Mannschaftshotel in Antholz (1600m Höhe), sondern im nur 800m hoch gelegenen Bruneck. Schon in der letzten Saison hatte er mit der Methode "hin und weg" Erfolg. Damals reiste er direkt vor dem Rennen an, gewann er das Einzel und fuhr wieder weg; diesmal gelang ihm ein dritter Platz im Sprint. Wie schon in Ruhpolding war Ole Einar Bjørndalen nicht zu schlagen und gewann alle drei Rennen.

7. Weltcup in Cesana/San Sicario - die sogenannte "Generalprobe" für die Olympischen Spiele 2006. Sven reiste etwas früher an als der Rest der Mannschaft, denn auch dieser Ort liegt auf über 1600 m Höhe. Die Strecken sind schwer, Sven war begeistert - trotz der unbefriedigenden chaotischen Begleitumständen Unterkunft und Verpflegung betreffend. Er erreicht einen fünften und einen elften Platz (sowie einen dritten mit der Staffel) und Michael Greis konnte endlich den ersten Weltcupsieg seiner Karriere feiern.

8. Weltcup in Pokljuka. Es war der Weltcuport der Überraschungssieger: Alexandre Syman und Nikolaj Kruglov gewannen je ein Rennen, Andreas Birnbacher kam zweimal auf den 3. Platz und erreichte die WM-Qualifikation. Ole Einar Bjørndalen hatte einen Abstecher zur Nordischen Ski-WM in Oberstdorf gemacht, reiste erst zum Massenstart an - und gewann. Sven wird Elfter im Sprint und Fünfter in Verfolgung und Massenstart.

Die Weltmeisterschaft war diese Saison erst Anfang März, da im Februar schon die Nordischen und die Alpinen Weltmeisterschaften stattfanden. Die Sorge, es könnte im März zu wenig Schnee in Hochfilzen geben, erwies sich als unbegründet. Im Gegenteil: Tirol war tiefverschneit, zu Beginn der WM lagen schon 170 cm Schnee und in den nächsten Tagen kam noch einmal jede Menge dazu.

DSV-Sportdirektor Thomas Pfüller hatte vor der WM vier Medaillen von der deutschen Biathlon-Mannschaft gefordert. Je eine Einzelmedaille und eine Staffelmedaille bei Damen und Herren. Die Medaillenausbeute der Deutschen war jedoch wesentlich größer, es wurden insgesamt neun Medaillen. Sven alleine gewann drei davon.

Schon am ersten Tag der Weltmeisterschaft holte Sven die Silbermedaille im Sprint. Das Rennen war hart, aber er verlor nicht viel Zeit auf Ole Einar Bjørndalen. Es war ein Traumstart bei Traumwetter, da sah man auch leichter über Stadionsprecher hinweg, die z. B. Grönland nicht von Griechenland unterscheiden konnten. Und über die Siegerehrung im "Biatron" am Abend hülle ich mal lieber gnädig den Mantel des Schweigens...

Der Tag des Verfolgungswettkampfs begann für Michi Greis und Sven mit jeder Menge Ärger über das Chaos bei der Abwicklung der Dopingkontrolle, zu der die beiden ausgelost worden waren. Skitesten und Warmlaufen vor dem Wettkampf fielen deshalb fast komplett flach und trotzdem schaffte es Sven, auch in diesem Rennen eine Medaille zu gewinnen, diesmal die Bronzene. Uschi Disl gewann in Sprint und Verfolgung die ersten beiden Einzel-Goldmedaillen ihrer schon 15-jährigen Biathlonkarriere.

Bei den Einzerennen gab es - im endlosen Schneefall - sowohl bei den Damen als auch den Herren Überraschungssieger. Andrea Henkel und Roman Dostal gewannen Gold, Michi Greis gewann Silber und damit seine erste WM-Einzelmedaille und Ricco Groß Bronze. Sven wurde Vierter; es war seine schlechteste Einzelplatzierung bei dieser WM!

Die Damen gewannen Silber bei den Herren ging die Staffel ordentlich daneben. Startläufer Alexander Wolf schoß eine Strafrunde, ebenso Ricco Groß, der den Rückstand verdoppelte. Da nützte es auch wenig, daß Sven die beste Laufzeit des Tages hatte, insgesamt wurde es Platz 6 für die Deutschen.

Den Abschluß bildete der Massenstart, ein phänomenales Rennen von Sven! Nach dem letzten Schießen verließ er den Schießstand als Fünfter, zog auf der letzten Runde noch an Deryzemlya, Poirée und Kruglov vorbei und erkämpfte sensationell eine weitere Silbermedaille.

9. Weltcup in Khanty Mansiysk. Ohne Pause ging es sofort nach der WM weiter zum letzten Weltcup der Saison in Sibirien. Den Athleten blieb gerade mal ein Tag um sich zu akklimatisieren - und das direkt nach einer WM und einer Zeitverschiebung von vier Stunden. Meiner Meinung nach ein sehr fragwürdiger Zeitplan... Doch Sven gewann trotzdem den Sprint und wurde, obwohl schon gesundheitlich angeschlagen Vierter im Verfolgungswettkampf. Danach ging allerdings gar nichts mehr. Krank mußte er auf den Massenstart verzichten und den Gesamtweltcup verloren geben, den er wohlgemerkt ohnehin gewonnen hätte, wenn die IBU nicht ihre Regelung mit den Streichresultaten hätte, die Sven nun schon zum zweiten mal in seiner Karriere den Gesamtweltcup gekostet hat. Wer mit dieser Regelung der IBU nicht vertraut ist, bitte hier klicken! 

Das allerletzte Rennen der Saison war eine Premiere: die Mixed-Staffel-Weltmeisterschaft mit jeweils zwei Damen und zwei Herren einer Nation. Eine WM in einer Disziplin, die noch nie im Weltcup gelaufen worden war, naja... Unbestritten war es ein spannendes Rennen, in dem Deutschland 1 doch noch die Bronzemedaille gewann. Sven konnte auch an diesem Rennen krankheitsbedingt nicht teilnehmen.

Resümee: es war, trotz des bitteren Endes, eine tolle Saison für Sven, mit der er voll und ganz zufrieden sein kann - und auch ist. 

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